Was ist Autismus

Wenn sich das so einfach erklären ließe…

Autismus ist eine Entwicklungsstörung im Gehirn mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen und hat etwas mit Selbstbezogenheit zu tun, „autos“ kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet „selbst“. Autismus ist also eine eingedeutschte Ableitung und steht für diese starke Selbstbezogenheit. Zwischenzeitlich werden sehr viele Ausprägungsformen aus dem autistischen Spektrum unter diesem Begriff zusammengefasst.
Von einer „Autismus-Spektrum-Störung“ spricht man erst, wenn mehrere der dafür charakteristischen Eigenschaften vorhanden sind. Natürlich ist nicht jeder Mensch, der zum Beispiel gerne Dinge alleine oder immer in derselben Reihenfolge erledigt, automatisch Autist*in.
Es gibt leichter, schwerer und auch mehrfachbehinderte Autist*innen. Autistische Menschen benötigen sehr oft lebenslange Hilfe, heilbar ist diese Störung leider nicht. Bei früher Diagnose ist es jedoch möglich, ihnen dabei zu helfen, sich im Leben zurechtzufinden und vielleicht sogar eigenständig leben zu können.
Man schätzt, dass etwa einer bis drei von 1000 Menschen unter Autismus leiden, wobei Jungen viermal häufiger als Mädchen betroffen sind.


Ursachen

Symptome

Diagnostik

Formen

Ein berührendes Gedicht


Ursachen

Es gab und gibt zahlreiche Forschungsvorhaben, die sich mit dem Autismus befassen. Klar und eindeutig lässt sich aber noch nicht sagen, warum einzelne Menschen davon betroffen sind. Hier finden Sie ohne Anspruch auf Vollständigkeit und absolute Richtigkeit einige Richtungen, in denen geforscht wurde und weiterhin wird.

  • Man redet von strukturellen Besonderheiten in einigen Regionen des Gehirns von Autist*innen und einem andersgearteten Zusammenspiel von Gehirnteilen, was sich durch moderne bildgebende Verfahren belegen ließ.
  • Genetische Faktoren sollen eine Rolle spielen, was im Rahmen von Studien an Familien festgestellt wurde.
  • Nachgewiesene biochemische Besonderheiten könnten Auslöser sein, wobei Forschungen dazu nicht zu wiederholbaren und gleichen Ergebnissen führten.
  • Man sagt, dass Spiegelneuronen, die das kindliche Nachahmungsverhalten und Empathievermögen steuern, bei autistischen Kindern anders ausgebildet sind. Aber auch diesbezüglich ist man sich in der Forschung einfach nicht einig.
  • Ein Trost: Die elterliche Erziehung ihres Nachwuchses führt NICHT zu autistischen Verhaltensmustern, was längere Zeit gern behauptet wurde.

Symptome

Schon vor Vollendung des dritten Lebensjahres verdeutlichen sich erste Hinweise auf ein sich anbahnendes autistisches Verhalten. Autistische Kinder wiederholen bestimmte Verhaltensweisen immerzu, tun sich schwer im Umgang mit anderen Menschen und verhalten sich dabei oft ungewöhnlich.

Autistische Kinder …

  • können andere kaum ansehen und ertragen Blicke von anderen nur schwer
  • sind selten in der Lage, Freundschaften oder Beziehungen zu Altersgenossen*innen zu entwickeln (Zum Beispiel teilen sie ihr Spielzeug sehr ungern oder gar nicht.)
  • beachten ihre Mitmenschen eher nicht und reagieren auch nicht auf Ansprache
  • betragen sich ungewöhnlich, wenn ihnen zum Beispiel Zuneigung geschenkt wird
  • verwenden immer wieder bestimmte Wörter und Wendungen
  • … und sind nur schwer in der Lage ein Gespräch zu beginnen.

In ihrem eigenen Verhalten …

  • wiederholen sie oft immer dieselben Handlungen
  • lieben sie Ordnung und Ordnungssysteme
  • interessieren sie sich sehr für (eins oder) sehr wenig ausgewählte Themen, wobei dieses Interesse dann ihr Leben lang anhält
  • haben sie oft Angst vor Berührungen
  • sind sie unflexibel und fürchten Veränderungen (zum Beispiel neue Wege infolge von Umleitungen oder auch nur neue Möbel in ihrem Zimmer). Sie sollten auf Änderungen immer vorbereitet werden.
  • konzentrieren sie sich sehr stark auf EINE bestimmte Sache oder auf EINEN Gegenstand
  • sind sie kaum in der Lage, mehrere Sinneseindrücke gleichzeitig zu verarbeiten, was sehr schnell zu Überforderungssituationen und Rückzug führen kann
  • ertragen sie keinen Lärm
  • schlafen sie schlecht ein oder durch
  • handeln sie nicht selten unvorhersehbar oder verletzen sich sogar
  • … und und und

Diagnostik

Je früher eine sichere Diagnose, desto besser für alle Beteiligten. Man weiß dann jedenfalls, woran man ist.

Die ersten Anzeichen von autistischen Störungen werten Eltern in den meisten Fällen nicht als das, was sie sind, sondern sagen sich: Ach… das verwächst sich… Das wird schon noch… Manchmal stimmen die zuständigen Kinderärzt*innen dem sogar zu. Aber wenn Eltern sich NICHT darüber klar werden, behandeln sie ihr Kind falsch, sie strafen es beispielsweise für Dinge, für die es nichts kann, und können ihm schon gar nicht helfen und es nicht so gut wie möglich unterstützen.
Ansprechpartner*in ist immer zuerst der betreuende Kinderarzt, der das Kind dann in eine kinderpsychologische Behandlung überweisen kann, wo auf jeden Fall genaue Diagnosen möglich sind.

So niederschmetternd eine offizielle Diagnose auch sein kann… Von diesem Moment an gibt es neue und andere Wege, das bevorstehende und unter Umständen noch sehr lange Leben so gut wie möglich zu gestalten.

Formen

Kennen Sie einen Autisten, kennen Sie einen Autisten.
Oder nehmen wir die geschätzte Zahl von etwa 17.500 Autist*innen im Land Brandenburg, und dabei gleicht kein Patient einem anderen.
Im Übrigen geht man von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer von Autismuserkrankungen aus.

In aller Regel werden aber zwei Hauptgruppen genannt: der frühkindliche Autismus (auch Kanner-Syndrom) und das Asperger-Syndrom. Zusätzlich findet man weitere frühkindliche Entwicklungsstörungen, wie zum Beispiel das Heller-Syndrom und atypische Autismusformen, worüber im Netz sehr viele Informationen bereitstehen.


Ein Gedicht

Der zu dem Zeitpunkt, an dem er dieses Gedicht schrieb, 10-jährige Benjamin Giroux, der Asperger-Autist ist, bekam in der Schule die Hausaufgabe, ein Gedicht mit dem Titel „Ich bin…“ zu schreiben.

„Ich bin sonderbar, ich bin fremd
Ich frage mich, ob du es auch bist
Ich höre Stimmen in der Luft
Ich sehe, dass es dir nicht so geht und das ist nicht fair
Ich möchte nicht traurig sein
Ich bin sonderbar, ich bin fremd
Ich tue so, als ginge es dir auch so
Ich fühle mich wie ein Junge im Weltall
Ich berühre die Sterne und fühle mich deplatziert
Ich sorge mich, was andere von mir denken
Ich weine, wenn andere lachen, es lässt mich kleiner werden
Ich bin sonderbar, ich bin fremd
Ich verstehe jetzt, dass es dir auch so geht
Ich sage, ‘Ich fühle mich wie ein Ausgestoßener‘
Ich träume von dem Tag, an dem es okay sein wird
Ich versuche, mich anzupassen
Ich hoffe, eines Tages tue ich das
Ich bin sonderbar, ich bin fremd.“

Quelle: Benjamin Giroux/National Autism Association/Facebook